Jessie

Ein englischer Morgen der Kanal still vor ihr,
kein Fühlen der Kälte, Jessie weiß jetzt wofür
sie vieles entbehrt hat, weit weg von zuhaus.
Vergangen das Warten, vorbei auch die Zeit
der Ängste und Zweifel, jetzt ist sie bereit;
fährt sich durch’s Gesicht, zum eig’nen Applaus.

Jessie springt ab, eine Hand teilt die Flut.
Gleichmaß in den Zügen, die Augen voll Glut,
es kann nur gelingen, am Abend wird ’s sein.
Meilen verschwimmen, die See wogt jetzt rau,
die Kälte wird spürbar, die Seele wird flau,
die Füße versagen, der Kopf bricht ihr ein.

Gesichter von Freunden, geblieben sind kaum
zwei, vielleicht drei, da war nur der Traum,
besonders zu sein und es einmal zu zeigen.
Bilder von früher kommen jetzt mit den Wogen,
verschwommene Kindheit mit der Jugend verwoben,
die ärgsten Momente tanzen jetzt ihren Reigen.

Höher, lautmächtiger sind jetzt die Fluten.
Sie spürt nur die Bösen, hofft auf die Guten,
wie zu anderen Zeiten an vergangenen Tagen.
Da waren die Stunden, alleine verbracht,
den Versuch ihr zu helfen zunichtegemacht,
wieder und wieder, bis am Boden sie lagen.

Ein Gedanke, ein Rückblitz, wieder die Hände,
wollen ihr helfen, sind doch nur die Wände,
die sich vor empfund’nes Alleinesein schieben.
Vielleicht, vielleicht doch nur Gutes gemeint,
doch missverständlich, gar unbeholfen, mag sein,
vielleicht sind es doch die, die sie lieben.

Sturm bricht los, Jessie stemmt sich dagegen.
Zeichen zum Abbruch, sie nimmt sich das Leben,
gibt dieses Besonderssein jetzt dafür her.
Auf helfenden Armen kommt sie zum Liegen
ins Buch des Lebens ein Kapitel geschrieben
die Zeile im Buch der Rekorde bleibt leer.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

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