Drachentraum

Die Schnur ist gespannt,
das Kind zieht mit Ruck.
Gleich bin ich dort oben,
mit Ander’n und guck,

auf Halme und Sträucher,
vom Wind aufgebäumt.
So schön sollt‘ es bleiben –
ein Drachen der träumt.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Winter[01]

Gestern noch Schwimmenderweise,
heute schon auf dünnem Eise.
Leise gleite ich dahin.

Schnell den Wind um Stärke fragen,
werd‘ den Tanz im Kreise wagen,
mit dem Blatt das mit mir hing.

Einst am Baume – nicht weit oben –
vereint wir dann den Froste loben,
der die Melodei uns singt.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Herbstfeucht[02]

Der letzte Nebel ist verflogen,
Sturmgewölk ist aufgezogen.
Die Bäume in verängstigt Pose,
der Herbst macht grad
auf dicke Hose-

und trotzdem ist mir kalt…

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Das arme Wort

Das Wort wiegt schwer,
hat gar Gewicht.
grad‘ erst gesagt,
steht ’s schon im Licht.

Es ist wohl Hoffnung,
Trost, schlaue Kund,
doch ’s ist nichts wert,
kam aus armem Mund.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Kleine Sehnsucht

Kleine Sehnsucht,
einst großes Fehlen.
Nur einmal versucht,
davon sich zu stehlen.

Wurd‘ fest gehalten,
blieb, wuchs und gedieh.
Jetzt, da sie groß ist,
besiegst du sie nie.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Tannenzapfen kicken im Park

Atmen, wachen,
zu einfach machen.
Im Heut‘ ertrinken,
der Zukunft winken.

Vergang’nes spüren,
verschloss’ne Türen.
Kein Hände falten,
mich nur verwalten.

Vielleicht vertrauen,
worauf nur bauen.
In welchen Bahnen,
kein Ende ahnen.

Die Wege gehen,
um zu verstehen.

Einmal noch…
Tannenzapfen kicken im Park.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Der Tränenbewahrer

Zuviel der Tränen,
grundlos geweint.
Sollt‘ nicht vergeblich sein,

ist doch ihr Freund.
Möcht‘ sie bewahren,
füllt den Krug bis zum Rand.

Gibt, wenn Deine versiegen,
ohne Taler und Pfand.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Zur Ruh‘

Er sieht in die Nacht,
Gedanken zieh’n los.
Einmal noch Kind sein,
behütet im Schoß.

Zur Ruh‘ sanft gestrichen,
den Rücken hinab.
Sorglos dann sagen,
wie lieb er Sie hat.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Herbstwind

Herbstwind, nimmst Dir die Gedanken,
die heut‘ trüben mir den Sinn.
Lässt statt Ihrer Träume ranken,
in denen noch mal Kind ich bin.

Einmal noch bei Oma vespern.
Sprudel, Fleischwurst, Senf und Brot.
Manchmal wünsch‘ ich mich nach gestern.
Manchmal, wenn mein Herz in Not.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Herbstfeucht[01]

Fast lautlos
geht es heut‘ dahin,
dem neblig‘ Laub steht nicht der Sinn,

die Still‘ zu stör’n die mir vergönnt.
Vielleicht würd’s rascheln,
wenn es könnt‘.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Der Worte Gesicht

Gib den Worten Augen,
Ohren, Nase, Mund.
Könnten mir dann taugen,
als noch schön’re Kund.

Könnt‘ schaffen mir ein Bildnis,
der Worte Seel‘ darein.
Um so in herbstlich‘ Wildnis,
dir herzensnah zu sein.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Drei Meter

Drei Meter bloß,
doch ist der Grund
unendlich weit.

Kleiner Junge, Augen groß,
erstickter Mund,
Vielstimmgeleit.

Steigt herab, lässt Leiter los,
geprügelt‘ Hund,
Vergangenheit.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

2te Heimat

Bist zweite Heimat,
wie man sagt,
wenn man ist zugezogen.

Die erste Heimat,
nie gehabt,
wurd‘ wohl darum betrogen.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Der Autobiograf

Erzählt von sich, wie ’s damals war.
Weiß doch genau, er läuft Gefahr,
die Worte vor den Kopf zu stoßen,
den Menschen, die ihn dann mit bloßen

Händen gerne meucheln würden.
Nähm‘ er nicht auch bisweilen Bürden,
die Jahr um Tag sie mit sich trugen
und Ängste, die um Ecken lugen,

sie würden bloßgestellt.
Allein-
solch Buch,
es sollt‘ geschrieben sein.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Erwartung

Einst eine Erwartung war
wohl etwas groß –
Ihr wurde klar,

müsst‘ schrumpfen
auf gering’res Maß.
Ein leichtes Spiel-

doch Sie vergaß,
Enttäuschung würd‘
auch kleiner sein,

und wie zur Strafe –
ließ Sie’s sein.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Überzieher

Überzieher aus feinem Garn
über den Schultern.
’s ist noch warm.

Oktoberlanger Schatten weit
vorausgeeilt.
Beginn der Zeit

die mir im Jahr
so kostbar
ist.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Geh’n nie zu Fuß

Ob der vielen Droschken staunend,
den Kopfe schüttelnd am Fahrwegrand.
Einfält’ger Mann, zum Andern raunend,
‚geh’n nie zu Fuß‘, bleibt unerkannt.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

Nebel[01]

Erahnt das Ufer,
mehr als er ’s sieht.
Ruht neblig der See,
weiß wie ihm geschieht,

alsbald eine Hand
nach der Seinigen greift.
ZweisamkeitsMorgen,
von Schwaden umstreift.

© Copyright Text Wolfgang Weiland