Kleine Bücherei

Den Kinderbuchkasten hattet ihr gleich im Blick,
wir gaben erst noch das Gelieh’ne zurück.
Einen Hocker geholt oder gleich so ‚reingehängt,
und Tagesnachtkummer war schon verdrängt.

Lochkarten für Kassetten mit Hörspielen d’rauf
im Karteikasten, Vorlesen nahm seinen Lauf.
Die schönsten Geschichten gestapelt, gehegt,
und zum Verbuchen auf den Tresen gelegt.

Die buchsachverständigen Seelen der Räume
erfassten halbmanuell noch die Träume,
die hernach dann im Rucksack verschwanden,
sich zu Hause bei euch wiederfanden.

Auch die Erwachsenenwelt war dort in Ordnung,
man fand Geschichten, mal Liebe, mal Mord und
die Ruhe dort war mir die Liebste von Allen –
in Unterrichtspausen erbebten die Hallen.

Dutzende Kinder aus der Nachbarschafts Schule
strömten zur Tür ‚rein, meistens Bambule,
doch hatten die Damen die Meute im Griff,
behielten die Ruhe auf dem Biblioschiff.

Bei beles’nen Mitwohnern des Viertels bekannt,
wurd‘ sie von uns nur die Kleine genannt.
Eine Zweigstelle der größeren Stadtbücherei
vor einigen Jahren gab sie klein bei.

Die Buchelfen sind jetzt in der Stadtbibliothek.
Zwei-, dreimal im Monat geh’n wir den Weg,
der hinführt zur neuschönen Kulturausleihwelt –
den Räten und Rätinnen fehlte wohl Geld.

Und so hat man halt an den Kleinen gespart.
Man könnte fast meinen es sei ihre Art,
zu tun als ob nur die Großreichenkultur
von Wert ist – doch man hört eine Uhr.

© Copyright Text Wolfgang Weiland

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